Über die Kommasetzung ohne Zauberkunst


Teil 3: Komma bei Infinitivsätzen

 

Von Ramon Müller, Rotstift AG

In diesem Newsletter setzen wir unsere Kommaserie fort und nehmen das Komma im Zusammenhang mit dem Infinitiv unter die Lupe.

Gutes zu tun ist nicht schwierig.

Zuallererst erinnern wir uns daran, was in Teil 1 für die Kommasetzung in der deutschen Sprache erwähnt worden ist: Sie folgt klaren grammatischen Prinzipien, bei denen oft die Syntax – die Lehre von den Satzgliedern – eine entscheidende Rolle spielt und damit die Kommasetzung festlegt. Der Titel zu diesen Beiträgen soll das unterstreichen: Es müssen nicht Kommas herbei- und weggezaubert werden, sondern sie sollen unter anderem syntaktisch hergeleitet oder gestrichen werden.

Betrachten wir also unter diesem Gesichtspunkt den Beispielsatz. Dieser kann mithilfe der Syntax aufgeschlüsselt werden. Das Satzgefüge besteht aus einem Nebensatz und einem Hauptsatz:

Nebensatz                                             Hauptsatz

Gutes zu tun                                         ist nicht schwierig.

Bei dem Nebensatz handelt es sich um einen sogenannten Infinitivnebensatz, der aus dem Infinitiv «tun», der Infinitivpartikel «zu» und der Ergänzung «Gutes» besteht. Wegen dieser Ergänzung gilt der Infinitiv als erweitert und ist damit nebensatzwertig. Eine Kommahauptregel in der Syntax besagt, dass Haupt- und Nebensätze durch ein Komma abzutrennen sind. In unserem Beispielsatz tritt die Infinitiverweiterung in Kopfstellung auf, und das kann aus Praxiserfahrung womöglich auch ein Grund dafür sein, warum das Komma häufig unterschlagen wird. Zudem galt (historisch) in der Grammatik vor der Orthografierevision eine solche Infinitivergänzung am Satzanfang nicht als Nebensatz, sondern als Subjekt – unabhängig von der Länge:

Viel zu wissen (Subjekt) ist hilfreich (Prädikat). → Das (Subjekt) ist hilfreich (Prädikat).

Doch vorwärts nun zur Gegenwart. Würde der Hauptsatz wie folgt am Satzanfang stehen, wäre die Syntax vermutlich einfacher zu durchschauen: Es ist nicht schwierig, Gutes zu tun. Lassen Sie sich also nicht von der Reihenfolge der Satzglieder beziehungsweise der Stellung von Haupt- und Nebensätzen verwirren. Sie ändert nämlich nichts an der Kommasetzung:

Gutes zu tun, ist nicht schwierig.

Zum Schluss sei dagegen noch eine in der Praxis häufig anzutreffende falsche Kommasetzung zu erwähnen:

Bei der Besichtigung des Betriebs, mussten etliche Mängel festgestellt werden.

Viele Schreibende lassen hierbei die Syntax ausser Acht und setzen ein Komma womöglich als Lesepause (wie im Französischen). Aber Sie haben nach der obigen Lektüre nun «syntaktisches Feingefühl» und wissen, dass dieser Beispielsatz kein Satzgefüge darstellt. Nach solchen präpositionalen Einleitungen (Präpositionalgruppen) steht kein Komma, da es sich um keinen Nebensatz handelt. Die Syntax ist hier bei der Kommaerörterung wieder ausschlaggebend:

Bei der Besichtigung des Betriebs mussten etliche Mängel festgestellt werden.

Für die Analyse kann es auch hier hilfreich sein, die Glieder umzustellen:

Etliche Mängel (Subjekt) mussten (Prädikat) bei der Besichtigung des Betriebs (Präpositionalgruppe) festgestellt werden (Prädikat).